L 21 - 30

Lektion 21:

 

Der Untergang Trojas

Es war Nacht. Alle schliefen als Äneas plötzlich Geschrei hörte. Er stand sofort auf und rannte aus seinem Haus, während überall Gebäude der Stadt in Flammen standen. Gefährten erzählten ihm, dass einige Griechen heimlich aus dem Pferd heraufgestiegen waren und mit Kameraden die Türen der Stadt geöffnet hatten. So erkannte Äneas, dass das hölzerne Pferd der Griechen eine List gewesen war.
Äneas versucht vergeblich zu kämpfen. Weil er sieht, dass überall trojanische Männer sterben und Griechen trojanische Frauen wegführen, eilt er zu seinem Haus. Auch wenn die Gefahr groß war, suchte er trotzdem die Familie und die Kameraden zusammen und sagte: „Wenn Minerva und Apollo und Mutter Venus da sind, ist für uns Rettung da. Kommt mit mir an einen sicheren Ort!“ Mit diesen Worten warnte der pflichtgetreue Mann die Seinen. Während die Griechen sich schon seinem Haus nähern, ergreift er die rechte Hand seines Sohnes und bringt seinen Vater aus der Stadt, der die Hausgötter mit sich hat.

Nun führt er die Kameraden an einen sicheren Ort und sammelt sie. Plötzlich aber erkennt er, dass seine Frau nicht da ist. Wo war sie?

 

Lektion 22:

 

Äneas in der Unterwelt

Äneas sah unter den Schatten der Toten seinen Vater Anchises. Er versuchte vergeblich, seinen Schatten zu ergreifen. Der Vater aber sagte dies:

„Ich werde dir die Zukunft zeigen:

Schau! Lavinia wirst du bald als Frau haben. Dein Sohn wird die Stadt Alba Longa erbauen. Dessen Nachkommen werden die Ehre deines Namens vergrößern: Städte werden sie bauen oder erobern.

Schau! Der Nachkomme Romulus wird die Stadt Rom mit Mauern umgeben. Diese Stadt wird die Hauptstadt des Erdkreises sein. Andere Völker werden die Römer, die in dieser Stadt wohnen werden, in vielen Künsten überragen: Aber die Römer, deren Vorfahr du sein wirst, werden über alle Völker herrschen. Ihr Römer werdet für die Völker Frieden und Sitten erwerben. Denn diese Künste werden die euren sein, Römer: Ihr werdet die Völker, die sich unterwerfen, schonen und die Stolzen besiegen.
Schau dir die sieben Könige an, die in dieser Stadt regieren werden. Hier ist Brutus, der Tarquinius Superbus verjagen wird. Dort siehst du die große Zahl der noblen

Männer, die die Stadt vor vielen Gefahren bewahren werden.

Schau! Endlich wird Augustus Caesar das Gebiet des Reichs vergrößern und für Frieden auf der Erde sorgen.“

 

Lektion 23:

 

Die Wölfin - Wahrzeichen Roms

Einst erschien der Gott Mars dem Mädchen und sagte:

„Nun wirst du dein Schicksal kennen lernen: alles was du ertragen wirst, werde ich dir sagen. Obwohl du eine Vestalin bist, wirst du Zwillingssöhne haben.

Deshalb wird Amulius befehlen, dass die Sklaven dich in Fesseln legen und deine Söhne in den Fluss Tiber werfen. So wirst du lange Zeit ein elendes Leben im Gefängnis führen.

Aber Vater Tiber wird deine Söhne retten: Eine Wölfin wird sie finden und stillen. Später wird der Hirte Faustulus sie seiner Ehefrau Larentia geben. Diese wird sie zwischen ihren eigenen Kindern erziehen. Romulus und Remus - dies werden die Namen der Zwillinge sein - werden unter Hirten leben und bald werden sie die Übrigen an Tüchtigkeit übertreffen. Nicht nur wilde Tiere werden sie fangen, sondern sie werden auch mit Räubern kämpfen. Deren Beute werden sie unter den Gefährten aufteilen.

Die zornigen Räuber aber werden Remus kidnappen und ihn als Gefangenen zu Amulius bringen; fälschlich werden sie sagen, dass er in die Felder Numitors eingebrochen sei. Amulius wird Remus dann dem Bruder Numitor zur Hinrichtung übergeben. Der wird den Worten des Gefangenen, dass er sein Enkel sei, glauben. Schließlich werden die Brüder Amulius töten und dich aus dem Gefängnis befreien.“

 

Lektion 24:

 

Am Anfang stand ein Brudermord

Nun wollten die mutigen Brüder, nachdem sie Amulius mit Hilfe der Hirten getötet hatten, eine Stadt gründen. Sie suchen den Platz, der neben dem Tiber liegt, wo die Wölfin sie gefunden hat.

Romulus: „Schau! Hier hat uns die Wölfin gestillt.“ Remus: „Hier würde es mir gefallen, eine gewaltige Stadt zu bauen.“ Romulus antwortet: „Auch ich möchte hier die Hauptstadt eines mächtigen Reichs erbauen.“ Aber dann gab es einen heftigen Streit zwischen ihnen: „Welcher von beiden wird der neuen Stadt den Namen geben? Welcher von beiden wird sie mit seiner Macht regieren?“ Keiner der Brüder war weise, sondern sie stritten sich lange Zeit mit Worten. Schließlich billigten beide das Urteil der Götter.

Romulus eilte mit seinen Freunden zum Palatin, Remus erstrebte mit den seinen den Aventius.
Während Romulus ein Vorzeichen erwartet, eilte ein Bote herbei und sagte, dass Remus sechs Geier gesehen habe. Nun erzählten aber die Kameraden des Romulus, es sei die doppelte Anzahl an Geiern aufgetaucht. Deshalb freut sich Romulus; und sagt danach zu Remus: „Ich billige dein Vorzeichen nicht; unsere Stadt erhält meinen Namen.“

Nun diskutieren die jungen Männer über den Sieg; schließlich greifen sie zu den Waffen und kämpfen. Livius erzählt, dass Remus bei diesem gewaltigen Streit starb. So tötete der Bruder den Bruder.

 

Lektion 25:

 

Man muss das Orakel nur richtig deuten

Der siebte Koenig, dessen Name Tarquinius war, war ein wilder Tyrann, nachdem er den Koenig Servius Trullius getötet hatte. Alle Buerger fürchteten seinen Zorn und seine Grausamkeit; auch Adligen übergab er zur Hinrichtung und stahl ihre Güter. Immer hatte er Leibwächter bei sich; denn er wollte nicht mit der Liebe der Buerger sondern mit Gewalt herrschen. Deshalb nannten die Römer ihn den Hochmütigen.

Endlich zeigten die Götter mit einem schrecklichen Vorzeichen, dass sie zornig waren: einige Sklaven haben nämlich erzählt, dass eine Schlange aus einer Säule gekommen war. Auch den Koenig hat dieses Vorzeichen sehr bewegt; deshalb hat Tarquinius, obwohl er normalerweise etruskische Seher hinzuzog, zwei Söhne zum delphischen Orakel geschickt. Er gab ihnen Lucius Iunius Brutus, einen Sohn seiner Schwester, als Gefährten mit. Diese sind über das Meer nach Delphi gelangt.

Das Orakel hat gesagt: „Wer von euch als erster der Mutter einen Kuss geben wird, wird die Stadt Rom mit seiner Macht regieren.“ Die Tarquinier glaubten fälschlich, dass das Orakel ihre Mutter meint. Brutus aber hat die Worte des Orakels verstanden: Nachdem sie den Tempel hinter sich gelassen haben, ist er absichtlich hingefallen und hat die Erde mit einem Kuss berührt, die gemeinsame Mutter aller Menschen. Die unwissenden Tarquinier aber haben den Kameraden ausgelacht.

 

Lektion 26:

 

Ein junger Gott und seine Gaben

Die Musen begrüßen Apollo: „Sei gegrüßt, Bruder! Warum willst du in so schnellem Lauf unseren Berg erreichen? Was hast du getan?“

Apollo antwortet fröhlich: „Freut euch mit mir, Schwestern! Denn tapfer habe ich gekämpft und sogar die Schlange Python ausgezeichnet besiegt. Mit einem heftigen Ansturm bin ich an das schreckliche wilde Tier herangekommen. Obwohl es wild zischte, habe ich mutig den Bogen ergriffen und Python, die versuchte mich anzugreifen, mit Pfeilen getötet. Nun endlich ist es den Menschen erlaubt, ohne Furcht nach Delphi zu kommen, wo Pythia, meine Priesterin, ein Orakel von sich geben wird; diese hat ihren Namen von dem Drachen Python.

Die Musen freuen sich sehr: „So verteidigen sich die Menschen mit Hilfe das Orakels gegen widrige Wechselfälle, wenn sie weise handeln. Denn die Urteile der Götter werden mehr gelten als die Erkenntnis der Gedanken der Menschen. Aber was hältst du in deinen Händen?“

Apollo zeigt den Musen eine Lyra: „Seht! Unser Merkur ist ein großer Künstler. Er hat die Lyra erfunden; mit deren Gebrauch werde ich Menschen und Götter erfreuen und sogar die Empfindungen aller auf wunderbare Weise bewegen.“

Dann führt der Gott mit fröhlicher Miene die Musen zu den schönen Häusern der Götter, die auf dem Berg Olymp liegen. Während die Götter und Göttinnen dort angenehm speisen, erfreut Apollo mit Liedern die Seelen aller sehr.

 

Lektion 27:

 

So grausam kann der Göttervater sein

Einst ist Herkules zum Berg Kaukasus gekommen. Dort hat er den gefesselten Prometheus und den Adler, der plötzlich angeflogen kam, gesehen. Herkules hat geschrieen: „Oh du grausamer Vogel! Oh du grausamer Mann, der dich mit seiner Hand besiegt hat. Was hast du getan?“

Prometheus hat geantwortet: „Ach! Der Adler quält mich grausam. Jupiter, der strenge Tyrann, hat mich mit gewaltigen Foltern versehen, weil ich den Menschen geholfen hatte. Denn der Vater der Götter hatte die Menschen in keinen Künsten unterwiesen und auf böse Art und Weise Opfer angeordnet. Nun ist es den Menschen tatsächlich durch mich erlaubt, viele Künste auszuüben; sogar ohne Furcht nehmen sie sich Fleisch der Opfer, aber Knochen und Fettanteile geben sie den Göttern. Doch eines fehlte: Das Benutzen von Feuer hatten die Menschen noch nicht gelernt.“

Herkules: „Hast du etwa das Feuer in die Häuser der Menschen gebracht?“

Prometheus: „So ist es. Jupiter hatte verboten, dass ich den Menschen Feuer gebe. Ich war trotzdem in den Himmel heraufgestiegen und hatte einen Riesenfenchel an die Sonne gehalten, mit welchem ich das Feuer zu den Menschen gebracht hatte. Weh! Sieh den Adler, der mich aufs Neue...!“

Herkules: „O welche Qualen! Wie grausam ist der Vater der Götter und Menschen!“

Das Elend des Prometheus hat Herkules bewegt; deshalb hat er den Bogen ergriffen und den Adler mit Pfeilen getötet. So hat er Prometheus befreit.

 

Lektion 28:

 

Europa reitet auf dem Stier

Europa ruft: „Wohin führst du mich Stier? (Sie sieht das Meer.) Ich werde von dir zum Meer geführt! Wende deinen Kurs! Ach! Warum wird der Kurs von dir nicht gedreht? (der Stier springt ins Meer) Wehe! Schrecklich ist es, vom Vaterland weggebracht zu werden!“

Es ist kein Land mehr zu sehen und beide werden überall von Wellen umgeben. Europa schreit wiederum: „Warum werde ich von dir geraubt, du grausame Bestie? Oh Vater, oh Mutter, nun werdet ihr von großer Angst beunruhigt. Von euch werde ich nicht mehr gefunden werden.“

Während Europa schreit, schwieg der Stier. Europa verzweifelte schon an der Rückkehr. Ihre Haare wurden vom Wind bewegt, während sie vom Stier durch das Meer getragen wird. Ihre Kleider wurden vom Wasser bespült, als der Stier den Körper ins Wasser eintauchte. Endlich war der Strand zu sehen.

Nachdem der Stier die Erde berührt hat, wird er plötzlich in einen Gott verwandelt.

Jupiter erscheint und zieht Europa mit starken Händen an sich. Mit sanften Worten redet er sie an: „Es ist nicht notwendig, dass du beunruhigt wirst, teure Europa. Denn du wirst von Jupiter, dem Vater der Himmlischen, geliebt. Großer Ruhm wird dir bereitet werden. Dem dritten Erdteil wird dein Name gegeben werden; und du wirst einen mächtigen Sohn (Minos) haben, von dem die Insel Kreta und das Meer beherrscht werden.

 

Lektion 29:

 

Fliegen - ein Traum des Menschen

Dädalus sagt (zum Sohn): „Von allen Seiten sind wir durch das weite Meer eingeschlossen. Aber ein Weg öffnet sich uns: Die Luft ist nicht vom Tyrannen besetzt; Fliegen ist also notwendig.“

Deshalb hat er seinem Sohn befohlen, viele Federn zu sammeln. Die gesammelten Federn wurden von Dädalus mit Wachs zusammengefügt. Auf diese Weise sind Flügel durch eine bewundernswerte Kunst gemacht worden. Zuerst hat der Vater versucht, mit den Flügeln zu fliegen, danach hat er auch den Sohn die neue Kunst gelehrt.
Ikarus: „Sieh, Vater!“ sagte er, „auch ich hänge, da du es mich gelehrt hast, in der Luft. Bald werden wir durch dein Genie befreit sein.“

Dädalus antwortete: „Endlich ist die Natur durch die Vernunft der Menschen besiegt worden. Wie Vögel werden wir durch den Himmel fliegen. Durch eine Kunst, die bisher noch nicht vom Menschen erfunden war, werden wir dem Tyrannen entfliehen.“
Alles war zur Flucht vorbereitet, und bald hatten sie Kreta durch die Luft hinter sich gelassen. Ikarus, von Freude ergriffen, hat mit lauter Stimme gerufen: „Wie viele Inseln im Meer, wie viele Schiffe in den Wellen sehe ich! Es freut mich in einen Vogel verwandelt durch den Himmel zu fliegen.“ Dann hat er seinen Kurs höher und höher getrieben. Aber durch die Wärme der Sonne ist das Wachs geschmolzen und die Federn der Flügel wurden abgelöst. So ist der unglückliche Ikarus ins Meer gestürzt. Sein Körper ist danach vom Vater gefunden worden.

 

Lektion 30:

 

Überwindet die Liebe den Tod?

Orpheus lockte mit der Lyra singend nicht nur Menschen, sondern auch wilde Tiere an. Sowohl Steine als auch Bäume versuchten, an ihn heranzukommen, wenn sie die einschmeichelnde Stimme hörten. Aber nicht einmal Orpheus ist dem Unglück entflohen. Denn Eurydike, die ihn neulich geheiratet hatte, hat eine im Gras verborgene Schlange zufällig berührt und ist von dem wilden Tier getötet worden. Orpheus ist von der Sehnsucht nach seiner Frau dazu getrieben worden, in die Unterwelt herabzusteigen, wo er Eurydike spazieren gehend inmitten der Schatten der Toten gesehen hat. Suses singend, hat er auch die Seelen Plutos und Prosperinas bewegt:

„Wehe! Ich komme um die Seele zurückzuverlangen, die ich immer liebte! Gebt mir Eurydike jetzt zurück, die ich immer lieben werde!

Euch hat Amor auch vereinigt. Verbindet auch unglückliche Liebende!“

Die Seelen der Toten hörten den schön singenden Orpheus und sie sind durch seine traurigen Worte bewegt worden. Weder der Koenig noch die Königin der Unterwelt haben sich dem nach seiner Frau verlangenden Orpheus stark widersetzt. Aber eine einzige Bedingung haben sie gestellt: „Halt während des ganzen Weges dein Auge von deiner Frau fern, die hinter dir gehen wird!“ Doch der unglückliche Orpheus, der Eurydike allzu sehr liebte, hat seine Augen bereits auf sie gerichtet, ehe er das Licht der Sonne gesehen hat.

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